Trees and Landscapes
Der Baum ist älter als der Mensch. Ihn gibt es seit fast vierhundert Millionen Jahren. Seit jeher steht er für Standhaftigkeit, Zusammenhalt, Vielfalt, Vernetzung, Stärke, Vertrauen, Wachstum, Heilung und Regeneration. Er gilt als Verbindung zwischen Himmel und Erde. Vielleicht ist er daher ein Symbol für Weisheit, Reinheit und das immerwährende Leben und den Tod. Für naturverbundene Menschen und Völker hat der Baum noch eine spirituelle Dimension und kommt in vielen Mythen, Märchen und Geschichten vor. In vielen Kulturen ist der Baum etwas heiliges, verwoben mit der jahrtausendealten Historie.
Nur der moderne Mensch schafft es, durch Rodung den weltweiten Baumbestand massiv zu reduzieren. Der moderne Mensch ist es auch, der den Baum und den Wald wieder wertzuschätzen lernt. Auch wenn es manchmal mit einer romantisierenden Sehnsucht nach dem Wald einhergeht, der Baum rückt immer mehr ins Bewusstsein.
Wir haben mittlerweile verstanden, dass der Baum ein wichtiger Bestanteil des weltweiten Ökosystems ist und im Kampf gegen den Klimawandel eine unerlässliche Stellung hat. Die kollektive Erkenntnis und das Gefühl, das Bäume zu unserem ganzheitlichen Wohlbefinden beitragen, wächst.
Bäume und der Wald haben auf uns Menschen beruhigende, wohlfühlende Wirkungen. Der Baum lässt unsere Stresshormone sinken und regt unser Immunsystem an und scheint mit uns zu kommunizieren, vielleicht, weil Bäume auch Gefühle haben.
Der Baum und der Wald haben viele Künstlerinnen und Künstler inspiriert. Der Baum steht hier als Sinnbild für das eigene Sein und die Suche oder ist ein Mahnmal für die fortschreitende Umweltzerstörung.
Seit dem ich denken kann gehören Bäume zu meiner eigenen Geschichte und stellen eine Verbindung zu meinen Ahnen dar. Vor unserem Wohnhaus in Deutschland standen drei Eichen. Groß, stämmig und Jahrhunderte alt. Die Ferien verbrachten wir auf dem Bauernhof der Großeltern in der Türkei. Ein Maulbeerbaum und drei Feigenbäume standen um das Haus und spendeten an heißen Tagen kühlen Schatten und boten Schutz vor Unwetter. Die meiste Zeit verbrachte ich auf dem großen Feigenbaum und beobachtete das Geschehen auf dem Hof. Nachdem meine Großeltern in die Türkei immigrierten, bedauerte mein Großvater am meisten den Verlust seines Obstgartens der aus Quittenbäumen bestand. Als man ihn fragte, wie er mit Nachnamen heißen möchte, so wollte er nach dem Obstgarten benannt werden. Seine Sehnsucht an den Obstgarten und der schmerzliche Verlust wurden in Geschichten verwoben um immer wieder erzählt zu werden.
Bäume stellen für mich sichtbare Erinnerungen an meine eigene Herkunft und Geschichte dar. Sie können vergangenes lebendig machen und dienen als emotionale Erinnerungsstützen. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie es sich anfühlt auf Bäume zu klettern und dem Rauschen der Blätter im Wind zu lauschen. Auf meinen Reisen und Wanderungen sehe ich Bäume. Sie sind wie gigantische Objekte in der Landschaft oder verschönerndes Beiwerk im urbanen Raum. Ich komme und gehe und der Baum ist immer noch da. Unbeweglich, biegsam, still und als würden sie unbemerkt ihre Botschaften an uns senden. Der Mensch stirbt und der Baum ist immer noch da. Bäume sterben langsam. Und wenn der Baum stirbt würden wir es gar nicht merken.