Damla – Portraits ohne Gesicht

Be­trach­tun­gen eines Kin­des
2018 - 2022

Aus­zug aus dem Ar­tist­talk vom 19.10.22

Wie hat alles an­ge­fan­gen?
Als ich 2018 an­fing meine Nich­te zu fo­to­gra­fie­ren, bat mich meine Schwes­ter, falls ich die Fotos ver­öf­fent­li­chen möch­te, ihr Ge­sicht nicht zu zei­gen. Ich wil­lig­te ein, weil ich es als eine Her­aus­for­de­rung nahm. Je­man­den zu por­trai­tie­ren ohne das Ge­sicht zu zei­gen, stell­te sich mit der Zeit schwie­ri­ger dar.

Ich habe fest­ge­stellt, dass meine Nich­te immer mehr Freu­de daran fand sich auch in die Ide­en­fin­dung ein­zu­brin­gen und mit­be­stim­men woll­te. Das hatte mir ge­fal­len und da­durch ent­stan­den eine Reihe an Fotos die spie­le­risch in­sze­niert wor­den sind. Diese Reihe hängt auf der rech­ten Seite.

Ich hab sie mit ein­be­zo­gen und es ent­stand vor allem 2020 und 2021 eine in­ten­si­ve Zu­sam­me­n­a­r­beit, auch auf­grund von Co­ro­na. Die meis­ten Auf­nah­men ent­stan­den in die­ser Zeit.

Immer wie­der tau­chen Na­tur­auf­nah­men auf?
Es ent­stan­den auch as­so­zia­ti­ve Na­tur­auf­nah­men. Ich bin auf dem Land in Ost­west­fa­len groß­ge­wor­den. Ich fühle mich immer mit der Natur ver­bun­den, schon als Kind habe ich Stun­den auf den Fel­dern und drau­ßen im Wald ver­bracht.

Bei der Serie kam der Bezug zu der Natur auch durch meine Nich­te. Sie hat Ende März Ge­burts­tag und schon bevor sie ein­ge­schult wor­den ist, wußte sie, wenn die Kirsch­blü­ten blü­hen habe ich Ge­burts­tag. Es hieß dann immer, Die Kirsch­blü­ten blü­hen, weil ich Ge­burts­tag habe.

Meine As­so­zia­ti­on die ich mit der Kirsch­blü­te habe ist das Ha­na­mi, das ja­pa­ni­sche Kirsch­blü­ten­fest das Ende März bis Mai ge­fei­ert wird. Ha­na­mi be­deu­tet über­setzt „B­lü­ten be­trach­ten“. Diese Jahr­hun­der­te alte Tra­di­ti­on kommt vom Bud­dhis­mus und rührt aus der Me­di­ta­ti­ons­pra­xis. Durch das Be­trach­ten von etwas schö­nem in der Natur sich in Selbst­ver­sen­kung und Selbst­ver­ges­sen­heit zu üben. Die Kirsch­blü­te läu­tet den Früh­ling ein, sie steht für Ju­gend und auch für Ver­gäng­lich­keit, da sie nur 10 Tage bis zwei Wo­chen blüht und dann erst im nächs­ten Jahr wie­der er­scheint. Blü­ten zu be­trach­ten kann uns acht­sam für den Au­gen­blick ma­chen.

Durch die Be­trach­tung eines Kin­des beim Spiel kann man sich Selbst ver­ges­sen und Freu­de emp­fin­den. Man fühlt sich in die ei­ge­ne Kind­heit zu­rück­ver­setzt.

Die Bil­der die As­so­zia­tiv und durch das an­schau­en ent­stan­den sind hän­gen auf der lin­ken Seite.

Es geht bei dir auch ums Ver­hül­len und Ver­ste­cken?
Bei den in­sze­nier­ten Auf­nah­men geht es auch um das Ver­hül­len und Ver­ste­cken. Ich finde aber nicht, dass sie da­durch An­onym oder Iden­ti­täts­los bleibt, ganz im Ge­gen­teil, indem ich auf das Ge­sicht ver­zich­te, ver­weh­re ich dem Be­trach­ter zwar etwas sehr wich­ti­ges und re­du­zie­re es auf die Hal­tung, die Ges­ten und Weise auf an­de­re Dinge hin die sich im Bild be­fin­den. Ich lenke den Blick vom ge­wohn­ten weg und

durch die Re­duk­ti­on wird erst der Blick frei für das We­sent­li­che. Fo­to­gra­fie und die Kunst sind ja auch die Sicht­bar­ma­chung von etwas, was viel­leicht immer schon da war, aber nie­mand es auf diese Weise wahr­ge­nom­men hat, wie der/die Künst­ler*In.

Wie geht es wei­ter?
Es wird Ende des Jah­res ein Buch er­schei­nen. In dem Buch sind viele Fo­to­gra­fi­en, die nicht in der Ausstel­lung hän­gen. Auf dem Cover be­fin­det sich z.B. ein Vor­hang. Was für mich auch für den Schutz und das Recht des Kin­des auf Pri­vat­sphä­re steht. Und es ist gleich­zei­tig wie der Büh­nen­vor­hang, der große Er­war­tun­gen weckt. Man schlägt das Buch auf und sieht keine ty­pi­schen Por­traits son­dern Be­trach­tun­gen, Ein­drü­cke und Emo­ti­o­nen. Und viel­leicht nimmt der/die Be­trach­ter*in über­rascht Dinge wahr, die zuvor nicht mög­li­che ge­we­sen sind.

Die Ar­beit „Dam­la“ wurde im Rah­men des „Auf geht’s!“-Sti­pen­di­um des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len ver­wirk­licht.

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